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Barbara Banfi

Und raus bist du - was sich durch den BREXIT ändert

Aktualisiert: 20. Apr. 2023


Nach monatelangem, zähem Ringen haben sich die EU und Großbritannien am 24. Dezember auf den letzten Abdruck auf ein Partnerschaftsabkommen geeinigt. Aber wie schaut das mit der Partnerschaft jetzt im Detail aus?


Bei seiner Amtsübernahme sprach der Britische Premierminister von einem Deal mit der Union, der bereits "ovenready", und damit eine reine Formalität sei. "Das werden die einfachsten Verhandlungen der Geschichte", zeigte er sich optimistisch, dass binnen kürzester Zeit ein Abkommen erzielt werden könnte, das den Briten die heißersehnte Rückerlangung ihrer Souveränität bei gleichzeitigem uneingeschränktem Zugang zum europäischen Binnenmarkt gewähren würde.


Die Hürden auf dem Weg zum Abkommen


Wie wir rückblickend wissen, verliefen die Verhandlungen wohl nicht ganz so wie erwartet. Vor allem die gemeinsamen Spielregeln, aber auch das für die Briten hochemotionale Thema der Fischereirechte erwiesen sich fast als Showstopper.

Der Umstand, dass die britische Regierung einseitig die Regelungen des Austrittsabkommens abzuändern versuchte, hat nicht unbedingt dazu beigetragen, die laufenden Verhandlungen zu erleichtern. Trotzdem konnte eine Einigung erzielt werden. Während dies auf Unionsseite zu Erleichterung führte, blieb auf dem europäischen Festland der Jubel aus. "Eine Scheidung ist kein Grund zum Jubeln", stellte EU-Chefverhandler Michel Barnier unmissverständlich klar. In scharfem Kontrast zur Neujahrsansprache Johnsons, der von einem großartigen Moment für sein Land sprach: "Wir haben die Freiheit in unseren Händen, und es liegt nun an uns, das Beste daraus zu machen", so Johnson.


Das ist neu


Was aber hat sich denn nun geändert, seit die Übergangsfrist um 23:00 am 31.12. ausgelaufen ist?

Nun, das wohl offensichtlichste Novum sind die LKW-Kolonnen, die bei der Einreise in die EU (unter anderem in Calais) mit den neuen bürokratischen Hürden kämpfen. Zwar gelten für Waren aus dem Vereinigten Königreich keinerlei Zölle oder Mengenbeschränkungen, wie Premier Boris Johnson in seiner Rede triumphierend hervorhob. Allerdings erfordern Importe und Exporte nunmehr einen Wust an Erklärungen und Formularen - ein Umstand auf den die betroffenen Branchen angesichts der kurzen Frist zwischen dem Zustandekommen des Deals und seinem Inkrafttreten nicht vorbereitet waren.


Der bürokratische Mehraufwand dürfte, so kündigen zahlreiche Handelsketten und Importeure bereits an, zum Teil deutliche Preissteigerungen zur Folge haben. Die Schwierigkeiten treffen vor allem Filialen der großen britischen Handelsketten, die in Nordirland, aber auch in der Republik Irland Produkte aus dem Sortiment nehmen mussten, weil der bürokratische Aufwand für den Export die Marge deutlich übersteigt.


Interessanterweise sind übrigens Dienstleistungen, die immerhin 80% der britischen Wirtschaftsleistung ausmachen, vom freien Warenverkehr explizit ausgenommen.


Aufenthaltsrecht


Alle EU-Bürger, die schon vor Inkrafttreten des Abkommens eine aufrechte Aufenthaltsbewilligung in Großbritannien hatten, können auch weiterhin dort wohnen bleiben. Dasselbe gilt umgekehrt auch für Briten mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Union. Für alle, die ihren Wohnsitz jetzt verlegen wollen, gelten dieselben Spielregeln wie für Anwerber aus Drittstaaten. Einzige Ausnahme ist hier Irland, die eine eigene Regelung mit einem uneingeschränkten Niederlassungsrecht mit den Briten vereinbart haben.


Kurzfristige Aufenthalte - vor allem touristischer Natur, aber auch kurzfristige jobbedingte Aufenthalte können nach wie vor ohne große Einschränkungen stattfinden. Interessant ist hier die Asymmetrie der Regelungen: Während britische Staatsbürger*innen für 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen ohne Visum in die Union einreisen dürfen, können sich EU-Bürger*innen bis zu sechs Monate ohne Visum in Großbritannien aufhalten.

Auch was die notwendigen Papiere anbelangt, gibt es unterschiede: Während EU-Bürger*innen mit jedem gültigen Pass ins Vereinigte Königreich einreisen dürfen, müssen britische Reisende einen Reisepass vorweisen können, der noch mindestens 6 Monate gültig ist. Außerdem müssen sie im Besitz eines Rückreisetickets sein, und nachweisen können, dass sie über ausreichende finanzielle Mittel für ihren Aufenthalt verfügen.


Gesundheitssystem


Mit einer Europäischen Versicherungskarte können EU-Bürger*innen auch weiterhin Leistungen des britischen Gesundheitssystems in Anspruch nehmen. Bei längeren Aufenthalten werden jedoch zusätzliche Beiträge fällig.

Wer seinen Alterssitz von UK in die EU verlegt hat (oder umgekehrt), der kann seine Pensionszahlungen auch weiterhin in seinem Wohnsitzland erhalten. Das auszahlende Land kommt auch für die anfallenden Gesundheitskosten auf. Eine für viele Brit*innen unerwartete Herausforderung stellt jedoch der Umstand dar, dass sie jetzt einen Wohnsitz in Großbritannien nachweisen müssen, um berechtigt zu sein, bei einem britischen Geldinstitut ein Konto zu haben. Die Schließung zahlreicher Bank-Filialen am europäischen Festland bringt darüber hinaus weitere Komplikationen für britische Rentner*innen in der EU mit sich.


Reisen mit Tieren


Wer ohne seinen vierbeinigen Liebling auf Reisen nicht verzichten kann, hat auch weiterhin die Möglichkeit, seine tierische Begleitung mitzunehmen. Allerdings benötigt man nun ein aktuelles tierärztliches Attest, das die Gesundheit des haarigen Reisegefährten bescheinigt.


Erasmus+


Über Jahrzehnte hinweg war Großbritannien unter europäischen Studierenden ein beliebtes Ziel für ein Auslandssemester im Rahmen des Erasmus+ Austauschprogramms. Auch unzählige britische Studierende nutzten in diesem Zeitraum die Möglichkeit, in einem anderen europäischen Land zu leben und zu studieren. Das ist seit dem 1.1.2021 Geschichte: Mit Ende der Übergangsfrist ist Großbritannien auch nicht mehr Teil des gemeinsamen Austauschprogramms - sehr zum Leidwesen tausender Studierender.

Am gemeinsamen Wissenschafts- und Forschungsprogramm Horizon nimmt das Vereinigte Königreich weiter teil - vorläufig. Nach sieben Jahren läuft die hier vereinbarte Übergangsfrist aus. Was danach kommt, ist ungewiss.


Nähere Informationen finden Sie hier: https://ec.europa.eu/info/relations-united-kingdom_de

Wer sich das Abkommen im Originalwortlaut zu Gemüte führen möchte, findet es hier: https://ec.europa.eu/info/relations-united-kingdom/eu-uk-trade-and-cooperation-agreement_de




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